Jahresbericht des Präsidenten 2017

1. Fortbildungstag 2016

Am 20. Jubiläums-Fortbildungstag unserer nationalen Fachgesellschaft vom 25. November 2016 in Thun, der von 141 Personen besucht und von 10 Ausstellern mitgestaltet wurde, beschäftigten wir uns mit dem aktuellen und die Zukunft dominierenden Thema „Metabolische Chirurgie“ und der eher rückwärtsgewandten „Entwicklung der bariatrischen Chirurgie».

2. Vorstandsarbeit

In meinem letzten Amtsjahr bildeten 9 Mitglieder den SMOB-Vorstand, von denen nun zwei den Vorstand verlassen werden und durch jüngere Kräfte ersetzt werden sollen. Die 2 Rechnungsrevisoren Dr. med. Alejandro Metzger und Dr. med. Alessandro Wildisen blieben im Amt, ebenso die Mitglieder der Rekurskommission Dr. med. Alfred Blaser, PD Dr. med. Eliane Angst und Frau Dr. med. Sylvia Herren, von denen uns Letztere ebenfalls Ende dieses Jahres verlassen wird und ersetzt werden muss.

Der Vorstand traf sich von Januar bis September 4-mal in Bern und am Vorabend dieser Mitgliederversammlung einmal in Thun. Ferner hielt der Vorstand elektronisch und telephonisch Kontakt zur Beratung von Aktualitäten. Die Dienste der Rekurskommission mussten wie 2016 auch in diesem Vereinsjahr nicht beansprucht werden.

Prof. Dr. Michel Suter, seit Jahresbeginn 2016 amtierender Präsident des IFSO-European Chapter und Prof. Dr. med. Ralph Peterli, Basel als Mitglied des Scientific Committee des IFSO-EC sowie Prof. Dr. Marco Bueter, Zürich als Chairman im Metabolic Committee der IFSO waren 2017 international wieder sehr aktiv.

3. Mitgliederbewegungen

Nach einer Steigerung der Mitgliederzahl von 159 (2015) über 171 (2016) auf aktuell 198 (2017) Mitglieder (davon 120 IFSO-Mitglieder) haben sich 2017 die folgenden Veränderungen ergeben:

Kein Mitglied wünschte die Mitgliedschaft aufzugeben.

Derzeit begehren 22 Bewerber eine SMOB-Mitgliedschaft, worüber diese Versammlung zu späterem Zeitpunkt zu befinden haben wird. Sollte die Mitgliederversammlung alle Anträge gutheissen, wird die SMOB zum Jahresende 220 Mitglieder repräsentieren. Damit hat die SMOB eine respektable Grösse für eine nationale Fachgesellschaft erreicht und ist mehr als nur ein kleiner Fachverein geworden.

4. Zentrumslisten und Visitationen

Die seit dem 1. November 2017 gültige und auf der Website aufgeschaltete Liste der SMOB-anerkannten Zentren umfasst 34 Referenzzentren und neu nur noch 20 statt 26 Primärzentren Die Gesamtzahl von 54 SMOB-anerkannten CH-Zentren blieb damit nahezu stabil, aber es zeigte sich auch dieses Jahr der Drang der Primärzentren nach einem Upgrade zu einem Referenzzentrum.

Dem seit 23.10.2015 in Kraft gesetzten SMOB-Visitationskonzeptes entsprechend und nach einer «Pilotvisitation» des KS Frauenfeld im Juni 2016, wurde im Februar 2017 das Claraspital Basel ebenfalls erfolgreich visitiert und als bariatrisches Referenzzentrum bestätigt. Die Qualitätsmesslatte bleibt weiterhin sehr hoch. Eine geplante zweite Visitation eines Primärzentrums musste wegen akuter interner Veränderungen in der betroffenen Klinik bis kommendes Jahr hinausgeschoben werden. 

5. Bund und Kantone (BAG und IV-HSM, Swiss Medical Board)

Seitens der Bundesverwaltung verlief das Gesellschaftsjahr 2017 ruhig. Die revidierten SMOB-Richtlinien mit den ausgearbeiteten Leitplanken für die operative Behandlung von Kindern und Jugendlichen haben alle Bundesinstanzen durchlaufen und sollten in den nächsten Tagen vom Vorsteher des eidgenössischen Departements des Inneren, BR A. Berset, durch Unterschrift genehmigt und auf den 01.01.2018 in Kraft gesetzt werden.

Seitens der Kantonalen Gesundheitsdirektionen, d.h. der IV-HSM, in der unser Vizepräsident Prof. Dr. Ralph Peterli, Basel Einsitz hat, werden noch in diesem Monat die HSM-Leistungsaufträge definitiv erteilt werden. Ich erinnere unsere Mitglieder daran, dass HSM-Eingriffe ausschliesslich durch bariatrische Referenzzentren erbracht werden sollen. Werden solche Eingriffe an nicht autorisierten Kliniken oder an Primärzentren ausgeführt, werden die Zentrums- oder Klinikverantwortlichen mit berechtigten finanziellen Rückforderungen seitens der Versicherer rechnen müssen.

Die Auditierung der SMOB-anerkannten Bariatriezentren durch die IV-HSM wurde fortgesetzt, wobei lediglich die Daten- und nicht die Outcome-Qualität gemessen wurde. Dabei ergab sich bisher ein eher düsteres Bild bezüglich der Datenqualität, die bei gut 50% der auditierten Zentren nicht genügte.

Das Swiss Medical Board (SMB) hat zum Thema der «bariatrischen Bypass-Chirurgie vs. konservative Therapien» anfangs 2017 die Ergebnisse publiziert und ist dabei zum Schluss gelangt, dass die Evidenz, trotz der vielen internationalen Publikationen, überraschend dürftig ist. Aber es ergab sich dennoch ein signifikanter Vorteil für die bariatrische Chirurgie und es wurde im Sinne einer Empfehlung klargestellt, dass sowohl die arbiträre Limite von BMI 35 wie die geforderte 2-jähige Diätkarriere auf tönernen Füssen stehen und deren Diskussion dringlich geboten ist. Dieses nicht wirklich überraschende Resultat freut uns erwartungsgemäss sehr, denn damit werden eigentlich alte Zöpfe auch von unverdächtiger Seite, die sich mit streng naturwissenschaftlichen und nichtpolitischen Absichten an die Evaluation machte, für obsolet deklariert.

6. Zusammenarbeit mit anderen Fachgesellschaften (SGP/akj, SGPRAC, SGRM)

Die sich jahrelang hinziehende Diskussion um die bariatrisch-chirurgische Behandlung von Kindern und Jugendlichen wird mit der Inkraftsetzung der neuen Richtlinien am 1.1.2018 ein konstruktives Ende gefunden haben.

Die Bemühungen für Empfehlungen zur „Rekonstruktiven Chirurgie nach bariatrischen Eingriffen“ hat bis zum Zeitpunkt dieser Mitgliederversammlung doch noch zu einer ersten, noch weiter zu beratenden Version geführt. Damit konnten erste, substantielle Fortschritte erzielt werden. Da dieses Thema aufgrund der möglichen finanziellen Folgen für die Versicherer und der programmierten gesundheitspolitischen Kontroversen nicht ohne Sprengstoff ist, wird der neue Vorstand die weitere Ausarbeitung vorsichtig angehen müssen und die Resultate vorerst nur als Positionspapier der SMOB auf unserer Website publizieren.

Die Versuche mit der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin einen Consensus bezüglich Familienplanung, Geburtshilfe, Laktationsphase und Menopausebetreuung bariatrischer Patientinnen zu erzielen, haben durch den Rücktritt von Frau Dr. Ruth Draths einen gewissen Rückschlag erfahren. Die Thematik beschäftigt mittlerweile aber viele grössere Bariatriezentren und der SMOB-Vorstand wird sich bemühen, binnen der nächsten 1-2 Jahre ebenfalls wenigstens ein Positionspapier auf unserer Website anbieten zu können.

 7. Auftritte der SMOB

Im laufenden Geschäftsjahr gab es zur Thematik der Adipositas einen nationalen Medienauftritt der SMOB auf RTF. Ferner generierten die lokalen Geschehnisse im Kanton Zürich um das Nicht-SMOB-Mitglied Ralf Senner im März bis April einige Präsenz in den Print- und Online-Medien.

Die SMOB gestaltete einen Themenhalbtag im Rahmen des 104. SGC-Jahreskongresses 2017 Ende Mai in Bern, und Prof. Ralph Peterli organisierte den Auftritt am World Congress of Surgery im August in Basel.

8. Ausblick 2017/18

Die Liste der SMOB-anerkannten Zentren wird ab 2018 nur noch einmal jährlich, jeweils auf den 1. Mai nach Abgabe der kompletten AQC-Datensätze des Vorjahres, aktualisiert und publiziert. Die Visitationen der Zentren werden fortgesetzt, möglichst in höherer Zahl als bisher, aber die personellen Ressourcen bleiben beschränkt.

Die SMOB-Website in 3 Sprachen braucht ein verstärktes Engagement, damit sie dreisprachig, zeitnahe, spannend und doch kompetent informieren kann. Die Diskussion über die Repräsentanz der SMOB in Social Media wird vertieft geführt werden müssen, damit der Mitgliederversammlung 2018 ein mögliches Konzept unterbreitet werden kann.

Nachdem die ergänzten SMOB-Richtlinien voraussichtlich ab dem 1.1.2018 in Kraft treten werden, wird die Arbeit an einer Totalrevision der Richtlinien angepackt werden müssen. Dabei sollen administrative und medizinische Richtlinien zwecks Vermeidung von Redundanzen zusammengeführt werden und das gesundheitspolitisch «heisse Eisen» der metabolischen Chirurgie soll prioritär angegangen werden. Aus diesem Grunde hat der Vorstand beschlossen, mit der Diskussion um die rekonstruktive Chirurgie nicht gleichzeitig noch ein «heisses Eisen» anzupacken.

Die Frage nach einem nationalen bariatrischen Register (nicht nur für Kinder und Jugendliche, wie dies derzeit von Dr. med. Martin Sykora, Stans und Luzern bereitgehalten wird) benötigt Abklärungen zu juristischen und datenschützerischen Grundsatzfragen. Aufgrund der Entwicklungen um das elektronische Patientendossier und e-Health auf höchster staatlicher Ebene, dürften mittlerweile günstigere Voraussetzungen für eine fruchtbare Diskussion um solche Register geschaffen worden sein. Also «affaire à suivre».

Mit dem zweiten bundesrätlichen Eingriff in den ambulanten Tarif TARMED wird ab Jahresbeginn 2018, wegen der Beschränkung der Minutage auf 20 Minuten für alle bariatrischen Tätigkeiten ein neues und erhebliches Konfliktpotential mit den Versicherern entstehen. PD Dr. med. Olivier Huber hat sich, nach dem Rückzug aus dem SMOB-Vorstand, bereit erklärt, anfangs 2018, zusammen mit Kennern des TARMED, für alle SMOB-Mitglieder ein Positionspapier auszuarbeiten, damit wir unsere bariatrische Arbeit in gleichbleibender Qualität, national einheitlich abrechnen und zu einem fairen Preis weiterführen können. Die Ertragslage wird ab dem 1.1.2018 für die meisten ambulant Tätigen zu einer existentiellen Frage werden, die bisher weder die kantonalen Ärztegesellschaften noch Tarifsimulatoren im Internet beantworten können. Der neue Vorstand wird sich bemühen, Ihnen so rasch wie möglich taugliche und v.a. legale Abrechnungsvarianten präsentieren zu können.

In der Betrachtung von Abgeltungen und Honoraren komme ich nicht darum herum, Ihnen allen meine Besorgnis um die Reputation unserer Fachgesellschaft mitzuteilen. Es häufen sich national Hinweise und Klagen seitens der Patienten, wie der beobachtenden Medien und Öffentlichkeit, dass rechtlich zwar vertretbare berufsethisch jedoch fragwürdig bleibende Honorar- und Wettbewerbspraktiken Einzelner ein nicht mehr tolerierbares Ausmass angenommen haben. Öffentlichkeit und Medien gelangen denn auch häufiger mit dem Anliegen an die SMOB, solche Vorgänge zu unterbinden und abzustrafen. Zu Letzterem hat die SMOB keine rechtliche Handhabe, aber, aus den Vorgängen um die Zürcher Affäre Senner Lehren ziehend – i.ü. nie ein Mitglied unserer Fachgesellschaft - ist die SMOB angehalten, in Zukunft schneller genauer hinzusehen und notfalls die kantonalen Gesundheitsbehörden zu informieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es besorgt mich sehr, wenn einzelne unserer Mitglieder zum indirekten Nachteil aller anderen, sich selbst und unterstützt durch käufliche Medien zu einzigartigen Experten der Bariatrie erklären. Der bariatrische Erfahrungsschatz mag unterschiedlich reich sein, so wie es auch das Alter aller Mitglieder ist, aber in diesem Versammlungssaal ist niemand besser als alle anderen. Ich appelliere als scheidender Präsident an Sie alle, nicht mit unserem interdisziplinären und vor allem auf gleicher Augenhöhe solidarischen Miteinander zu experimentieren.

Der SMOB-Fortbildungstag mit Mitgliederversammlung 2018 wird am 30. November wiederum in Thun stattfinden. Wer eigene Studienresultate präsentieren oder zu einem bariatrischen Thema von der Grundlagenforschung bis zum klinischen Alltag ein Referat beitragen möchte, wird gebeten, sich ab Jahresbeginn beim SMOB-Vorstand zu melden.

Wie vor einem Jahr angekündigt, endet heute meine Tätigkeit in der SMOB als Gründungs- und Vorstandsmitglied seit 1996 und dem Präsidium 2013-2017. Es waren 21 spannende, mitunter ereignisreiche, vor allem aber lehrreiche und – wie ich meine – fruchtbare Jahre für die Sache der Adipositas in der Schweiz. Ich danke allen Vorstandsmitgliedern dieser Jahre und allen SMOB-Mitgliedern im Plenum, mit denen ich enger zusammenarbeiten durfte für ihr Engagement und aktive Mitarbeit. Ich wünsche der SMOB weiterhin gutes Gedeihen, den weiteren Aufbau und die Festigung ihrer Position als interdisziplinäre und unabhängige schweizerische Fachgesellschaft für Bariatrie und Metabolismus. Farewell to all of you.

Zürich, 24. November 2017

 

Dr. med. Renward Hauser  


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